Kann man Demut kultivieren?
Nur der eitle Mensch „kultiviert“ die Demut. Doch was immer er auch kultivieren mag, er wird eitel bleiben.
Aber sobald man die Natur der Eitelkeit und des Stolzes ganz klar sieht, ist man frei von dieser Eitelkeit und diesem Stolz – und dann ist man demütig.
Wenn dies sehr klar ist, können wir weiterfahren mit der Untersuchung, was Meditation ist. Wer dies nicht tiefgründig, in einer sehr realen und ernsthaften Weise tun kann – nicht nur für einen oder zwei Tage – soll es sein lassen. – dann rede bitte nicht über Meditation.
Wenn man versteht, was Meditation ist, entdeckt man eines der außergewöhnlichsten Dinge. Aber man kann sie unmöglich verstehen, wenn man nicht ans Ende des Suchens, des Tastens, des Wollens, des gierigen Festhaltens angelangt ist, an etwa das man für die Wahrheit hält – was in Wirklichkeit aber nur die eigene Projektion ist.
Man kann nicht dazu kommen, wenn man nicht mehr nach „Erfahrung“ verlangt, sondern die Verwirrung, in der man lebt, die Unordnung des eigenen Lebens, versteht.
In der Beobachtung dieser Unordnung offenbart sich die Ordnung – die keine Vorlage hat. Wenn man zu diesem Ende gekommen ist – was an sich schon Meditation ist – dann können wir mit dem Fragen fortfahren. Und zwar nicht nur, was Meditation ist, sondern auch, was Meditation nicht ist. Denn in der Verneinung des Falschen liegt die Wahrheit.
Jedes System, jede Methode, die uns lehrt, wie man meditiert, führt offensichtlich in die Irre.
Man kann das intellektuell und logisch nachvollziehe: Das Praktizieren von etwas methodisch vorgegebenem – wie edel, wie alt, wie modern, wie populär es auch sein mag -, führt zu einem Mechanismus, man tut etwas immer und immer wieder, in der Absicht, etwas zu erreichen.
In der Meditation ist der Zweck nicht anders als die Mittel.
°°°
Aber die Methode verspricht Ihnen etwas; sie ist ein Mittel zum Zweck.
Wenn das Mittel mechanisch ist, dann ist der Zweck auch etwas, das von der Mechanik bewirkt wird; der mechanische Geist sagt: „Ich werde etwas bekommen.
Man muss völlig frei sein von allen Methoden, von allen Systemen; das ist bereits der Anfang der Meditation; man löst sich bereits etwas, das falsch und bedeutungslos ist.
Und dann gibt es diejenigen, die „Gewahrsein“ praktizieren.