Hat die Suche überhaupt einen Sinn?
Die meisten religiösen Menschen sprechen immer von der Suche nach der Wahrheit; und wir fragen, ob man überhaupt nach der Wahrheit suchen kann.
Steckt in der Idee des Suchens, des Findens, nicht auch die Idee des Erkennens – die Idee, dass ich, wenn ich etwas finde, in der Lage sein muss, es zu erkennen?
Bedeutet Erkennen nicht, dass ich es bereits erkannt habe?
Ist die Wahrheit „wiedererkennbar“ – in dem Sinne, dass sie bereits erfahren wurde, so dass man sagen kann: „Das ist sie“?
Welchen Wert hat es dann, überhaupt zu suchen?
Oder, wenn es keinen Wert hat, hat dann das im reine, ständige Beobachten, das ständigen Zuhören einen Weirt? – Das ist nicht dasselbe wie Suchen.
Bei ständiger Beobachtung gibt es keine Vergangenheit.
„Beobachten“ bedeutet, sehr klar zu sehen; um sehr klar zu sehen, muss man frei sein, frei von Ressentiments, frei von Feindschaft, von Vorurteilen oder Groll, frei von all den Erinnerungen, die man als Wissen gespeichert hat und die das Sehen behindern.
Wenn diese Qualität vorhanden ist, diese Art von Freiheit mit ständiger Beobachtung von dem, was tatsächlich vor sich geht, – nicht nur im Außen , sondern auch im Inneren -wozu dann überhaupt noch suchen?
Denn es ist alles da, die Tatsache, das „was ist“, es wird bloss beobachtet. Aber in dem Moment, in dem wir das, was ist, in etwas anderes verwandeln wollen, beginnt ein Prozess der Verzerrung statt.
Wenn wir frei beobachten, ohne jede Verzerrung, ohne jede Bewertung, ohne jeden Wunsch nach Vergnügen, wenn wir einfach nur beobachten, sehen wir, dass das, was ist, eine außergewöhnliche Veränderung erfährt.
°°°
Die meisten von uns versuchen, ihr Leben mit Wissen, mit Unterhaltung, mit spirituellen Bestrebungen und Überzeugungen zu füllen, die, wie wir leicht feststellen, sehr wenig Wert haben.
Wir wollen etwas Transzendentes erleben, etwas, das jenseits aller weltlichen Dinge lieg; wir wollen etwas Unermessliches erleben, das keine Grenzen hat und keine Zeit hat. Um etwas Unermessliches zu „erfahren“, muss man die Implikationen von „Erfahrung“ verstehen. Warum wollen wir überhaupt „Erfahrung“?
Bitte akzeptieren noch leugnen Sie das, was der Redner sagt, sondern prüfen Sie es. Der Redner – das sei hier noch einmal klar gesagt – hat keinerlei Wert. (Es ist wie mit dem Telefon, man gehorcht nicht dem, was das Telefon sagt. Das Telefon hat keine Autorität, aber man hört ihm zu.)
Wenn ihr aufmerksam zuhört, gibt es Empathie – nicht Zustimmung oder Ablehnung, sondern eine Qualität des Geistes, die sagt: „Lass uns sehen, worüber du sprichst, lass uns sehen, ob es überhaupt einen Wert hat, lass uns sehen, was wahr und was falsch ist. Sagt nich ja oder nein, sondern beobachtet und hört zu. Achtet nicht nur auf das, was gesagt wird, sondern auch auf eure Reaktionen, auf eure Entstellungen, während ihr zuhört; seht eure Vorurteile, eure Meinungen, eure Bilder, eure Erfahrungen, seht, wie sie euch am Zuhören hindern.