Große Wachheit

Große Wachheit

Warum es diese Spaltung überhaupt gibt, bedarf einer gründlichen Untersuchung, einer gründlichen Selbsterforschung. Ein Grund liegt darin, dass wir falsch erzogen sind, denn wir haben Ideale, wir passen uns einem Muster an, der sogenannten Anständigkeit und dergleichen. Die Entdeckung, warum sie existiert – nicht manchmal, sondern immer, im Bus, im Auto, im Gespräch mit einem anderen macht ungeheure Freude. Dann ist der Beobachter das Beobachtete – und er ist noch mehr. Das heißt nicht, dass Sie der Baum werden, wenn Sie ihn beobachten – um Himmelswillen! Es wäre stupide, sich mit dem Baum zu identifizieren. Aber wenn diese Spaltung aufhört, dann sind Sie in einer ganz anderen Dimension – sie ist keine Spaltung, keine Hoffnung. Wenn man wirklich sieht, wie diese Spaltung verschwindet, gibt es weder den Beobachter noch das Beobachtete, sondern nur die Beobachtung. Dazu muss es Frieden und Freiheit geben, die Freiheit von Angst.

Ich glaube, wir sollten jetzt aufhören. Gibt es irgendwelche Fragen zum Thema unseres Gesprächs?

FRAGE: Wie können wir uns von der Angst befreien?

KRISHNAMURTI: Das würde eine lange Antwort erfordern. Wir wollen uns das nächstemal damit beschäftigen.

FRAGE: (Unverständlich)

KRISHNAMURTI: Ich habe gesagt, dass zur Beobachtung Sehen nötig ist, nicht wahr? Es kann nur dann Sehen geben, wenn der Geist die Freiheit hat, zu sehen und über das, was er sieht, etwas zu erfahren. Lernen ist entdecken und darin liegt etwas ungeheuer Freudiges. Diese Freude gibt Ihnen Energie. Sehen Sie, das Mönchtum auf der ganzen Welt hat z.B. das Gelübde der Keuschheit und Armut abgelegt in dem Glauben, dass es dadurch große Energie gewinnen würde, um das christliche Leben oder was auch immer zu führen.

Das geschieht, aber der Mönch ist geschlechtlich, er ist ehrgeizig, er ist ein Affe wie wir alle, und er kämpft innerlich. Dieser Kampf in seinem Inneren ist verschwendete Energie. Er eifert dem Vorbild nach, das die Kirche oder die Tradition aufgestellt hat, und dieses Streben ist eine Form des Widerstands. Wenn man Widerstand leistet, muss ein Kampf stattfinden; und das setzt keine Energie frei. Wir reden von etwas ganz anderem.

Die meisten von uns haben sehr wenig Energie, weil wir unser Leben mit Kampf verbringen. Am Arbeitsplatz und zu Hause lassen wir uns von unserem Ehrgeiz treiben, es herrscht dauernder Konflikt, eine Meinung gegen die andere usw. Es kommt zwar eine gewisse Form von Energie aus dem Konflikt, aber sie ist äußerst destruktiv, wie man auf der Welt sehen kann. In jedem Büro herrscht Konkurrenzgeist, der, auch wenn er eine solche Energie hervorbringt, eine Gesellschaft erzeugt, in der es die Oberen und die Unteren gibt, also Kampf.

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