Wenn das klar ist, lautet die nächste Frage: Was kann man tun? Das Leben ist zwischen Büro, Familie, Ehrgeiz und allem übrigen zerrissen. Es ist in Stücke gegangen. Kann man also ein so ganzheitliches Leben führen, dass es gar keinen Widerspruch in ihm gibt? Ich spreche von einem Leben, das weder spirituell noch mondän, weder religiös noch profan ist. Das ist eine Herausforderung, und welche Antwort geben Sie darauf?
Worin besteht der Widerspruch? Ich sehe ein zerrissenes Leben. Ich bin freundlich zu Hause und brutal im Büro; ich bin gespalten. Zuerst muss man ergründen, was diese Spaltung verursacht. Warum bin ich bald das eine, bald etwas vollkommen anderes? Was bewirkt diese Zerstückelung, diese Spaltung? Wie finden Sie es heraus? Wie gehen Sie dabei vor – wir sprechen miteinander wie Freunde, es gibt hier keinen Lehrer und keinen Schüler –, man muss sich selbst Lehrer und Schüler sein. Wir haben hier also weder Lehrer noch Schüler, noch irgendeine Autorität. Wie finden wir also die Ursache dieser Zerstückelung?
FRAGE: Wir möchten zuerst Ihre Meinung hören.
KRISHNAMURTI: Der Herr sagt, er möchte erst meine Meinung hören. Es geht uns hier nicht um Meinungen. Meinungen sind völlig wertlos. Sie können das den Politikern und den Intellektuellen überlassen. Hier ist aber etwas, das Sie herausfinden müssen. Sie müssen es herausfinden, nicht ich, und ich kann Ihnen nicht sagen, was Sie tun sollen. Wir können es miteinander erforschen, aber wenn Sie darauf warten, dass ich es Ihnen sage, macht es keinen Spass.
FRAGE: Wie erkenne ich die Zerstückelung, wenn ich das Ganze nicht kenne?
KRISHNAMURTI: Ich bin zersplittert, das ist einfach so – ich gehe ins Büro, und dort bin ich brutal, neidisch, boshaft und suche anderen zuvorzukommen. Und zu Hause bin ich sehr ruhig und sanft, lasse mich von meiner Frau tyrannisieren oder ich tyrannisiere sie und so fort. Das ist Zersplitterung. Wir fragen, warum gibt es sie und was ist der Grund?
FRAGE: Wir leben in Gegensätzen, aber warum?
KRISHNAMURTI: Die Frage lautet: Wir leben in Gegensätzen, aber warum?
FRAGE: Weil keine Liebe da ist.
KRISHNAMURTI: Das ist keine Antwort, wenn Sie sagen: „Weil keine Liebe da ist“. Wir untersuchen die Frage, und wenn Sie diese Antwort geben, können Sie nicht weiter in die Frage eindringen. Wir wollen erforschen, warum wir in der Dualität leben, warum wir dauernd von einem Standpunkt zum anderen pendeln zwischen Gegensätzen, warum wir in einem solchen Engpass von Gegensätzen leben.