Aufmerksam sein heißt nicht, den Baum beschreiben oder sich in einer verbalen Aussage über ihn ergehen: Wenn ich das Wort „Zypresse“ gebrauche, lenkt mich das ab, nicht wahr? Es hindert mich daran, meine völlige Aufmerksamkeit dem Anblick des Baumes zu schenken. Aufmerksam sein heißt, intellektuell, gefühlsmäßig, mit den Nerven, den Augen, den Ohren, mit allen Sinnen aufmerken. Achtgeben, schauen. Wir haben das nie getan, weil wir in Bruchstücken leben. Nur wenn unser Leben in eine große Krise geraten ist, sind wir vielleicht einige Sekunden lang aufmerksam, dann gehen wir wieder weg und flüchten uns davor.
Wer es wirklich ernst meint und herausfinden will, ob es eine Wirklichkeit, Gott oder wie immer man es nennen mag, gibt, befragt keine Autorität, keinen Priester oder Glauben; das ist alles kindisch und unreif. Man muss seine ganze Aufmerksamkeit der Sache zuwenden. Man kann nicht ganz aufmerksam sein, wenn man Angst davor hat, seinen Job zu verlieren, während man sucht.
Man kann die Wahrheit nicht mit voller Aufmerksamkeit suchen, wenn man sich auf einen Glauben, auf eine, Gewohnheit oder auf die Meinung der Leute verläßt. Das muss man fallen lassen. Keine Zugehörigkeit zu einer Gesellschaft, einer Gruppe, einer Kultur hilft einem bei der Suche. Das heißt, man muss völlig allein sein, innerlich allein. Dann wird man finden. Wer aber in diesem tiefen Sinn nicht aufmerksam ist, der kann der Wirklichkeit nicht auf die Spur kommen.
FRAGE: Haben Sie diesen geistigen Zustand erreicht?
KRISHNAMURTI: Warum stellen Sie diese Frage? Ich weiche ihr nicht aus, ich werde sie beantworten. Warum stellen Sie diese Frage?