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Zum Thema Oberflächlichkeit

Frage „Zum Thema Oberflächlichkeit“: Wie soll jemand, der oberflächlich ist, ernsthaft werden? 

Krishnamurti: Zunächst einmal müssen wir uns bewusst sein, dass wir oberflächlich sind, nicht wahr?

Was bedeutet es, oberflächlich zu sein?

Im Wesentlichen bedeutet es, abhängig zu sein, nicht wahr?

Abhängig von Stimulationen, von Herausforderungen, von anderen Menschen, es heisst, psychologisch abhängig zu sein von bestimmten Werten, bestimmten Erfahrungen, bestimmten Erinnerungen – führt das nicht alles zu Oberflächlichkeit?

Wenn ich darauf angewiesen bin, jeden Morgen oder jede Woche in die Kirche zu gehen, um aufgerichtet zu werden, um Hilfe zu bekommen, heißt das nicht, dass ich oberflächlich bin?

Wenn ich bestimmte Rituale durchführen muss, um meinen Sinn für Vollständigkeit zu bewahren oder um ein Gefühl zurückzubekommen, das ich vielleicht einmal hatte, macht mich das nicht oberflächlich?

Ist es nicht ein Zeichen von Oberflächlichkeit, wenn ich mich einem Land, einem Plan oder einer bestimmten politischen Gruppe verschreibe?

Natürlich ist dieser ganze Aufbau von Abhängigkeiten ein Ausweichen vor mir selbst; indem ich mich mit etwas Größeren identifiziere, verleugne ich das, was ich bin. Aber man kann, das, was man ist, nicht verleugnen.

Man soll verstehen, was man ist, statt zu versuchen, sich mit dem Universum, mit Gott, mit einer bestimmten politischen Partei oder was auch immer zu identifizieren. All das führt zu oberflächlichem Denken, und aus oberflächlichem Denken entsteht eine Handlungswiese, die immer zu Unheil führt, ob im weltweiten Maßstab oder im individuellen Maßstab. 

Zuallererst: Gestehen wir uns ein, dass wir diese Dinge tun?

Nein: Wir anerkennen unser Verhalten nicht; wir rechtfertigen es.

Wir sagen: „Was bleibt mir denn, wenn ich diese Dinge nicht tue? Ich werde schlechter dran sein; mein Geist wird ins Chaos verfallen. Jetzt kämpfe ich wenigstens für etwas Besseres.“

Je mehr wir kämpfen, desto oberflächlicher sind wir. Das muss man erst einmal einsehen, nicht wahr?

Seichter Geist

Es ist eines der schwierigsten Dinge; zu sehen, was man ist, zuzugeben, dass man töricht ist, oberflächlich, engstirnig, neidisch. Wenn ich sehe, was ich bin, wenn ich es erkenne, dann kann ich dort ansetzen.

Natürlich bedeutet oberflächliches Denken, dass man vor dem flieht, was ist. Nicht zu fliehen erfordert mühsame Selbsterforschung, das Überwinden der Trägheit.

In dem Moment, in dem ich realisiere, dass ich oberflächlich bin, beginnt bereits ein Vertiefungsprozess – vorausgesetzt, dass ich mich nicht gegen die Oberflächlichkeit wehre. Wenn man sich sagt: „Ich bin oberflächlich, aber ich lasse mich darauf ein; ich will das ganze Wesen und den einengenden Einfluss der Oberflächlichkeit verstehen“, dann besteht die Möglichkeit der Transformation, wenn man dagegen zugibt, dass man einen seichten Geist hat, aber versucht, nicht-seicht zu sein, indem man viel liest, Leute trifft, reist, unaufhörlich herumrennt wie ein Affe, dann bleibt man seicht.  

Sie sehen also, dass es nur dann eine wirkliche Wandlung gibt, wenn wir dieses Problem richtig angehen. Das richtige Vorgehen verleiht ein außerordentliches Vertrauen, welches ,das versichere ich Ihnen, Berge versetzt, – die Berge der eigenen Vorurteile und Prägungen.

Wenn Sie sich eines seichten Geistes bewusst sind, versuchen Sie nicht, tiefgründig zu werden!

Ein seichter Geist kann niemals in große Tiefen vordringen. Er mag viel Wissen enthalten, Informationen, er kann Worte wiederholen – man kennt ja die ganze Palette eines ständig beschäftigten oberflächlichen Geistes.

Passives Gewahrsein

Wenn man aber weiss, dass man oberflächlich, seicht ist, wenn man sich dessen bewusst ist und alle entsprechenden Aktivitäten beobachtet, ohne zu werten, ohne zu verurteilen, dann wird man bald sehen, dass das Ding namens Oberflächlichkeit vollkommen verschwunden ist, ganz ohne unser eigenes Dazutun. Das erfordert allerdings Geduld und Wachsamkeit, nicht ein begierigesVerlangen nach einem Resultat oder Erfolg. Nur ein oberflächliches Denken will Erfolg haben und ein Ergebnis sehen. 

Je mehr man sich dieser ganzen Abläufe bewusst ist, umso mehr wird man sich der Aktivitäten des eigenen Geistes gewahr. Aber es muss reines Beobachten sein, ohne zu versuchen, irgendeinem Geschehen willentlich ein Ende zu setzen, denn in dem Moment, in dem man ein Ende sucht, ist man schon wieder in der Dualität von „Ich“ und „Nicht-Ich“ gefangen – was das ganze Problem weiter am Leben hält. 

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