Leid und Leidenschaft

Leid und Leidenschaft

Jeden Sonntagmorgen zur Kirche gehen, oder was immer Sie tun, und den Rest der Woche seinen Nachbarn umbringen, Kriege anzetteln, eine Hierarchie anbeten und so den Menschen vom Menschen trennen: All das ist nicht Religion, sondern Propaganda, die eingesetzt wird, damit Sie nach einem bestimmten Schema denken und handeln. All das kommt aus der Angst, und wie kann es Religiosität geben, wo Angst herrscht?

Ich hoffe, dass Sie nicht einfach dem Redner zuhören. Das hat gar keinen Wert, weil der Redner Sie nicht lehren, Ihnen keine bestimmte Denkrichtung beibringen will, denn das wäre nur Propaganda und daher eine Lüge. Wenn Sie aber den Redner benützen können, um sich selbst zu beobachten, dann werden Sie sehen, dass ohne große Energie und daher große Leidenschaft und Intensität das Leben unweigerlich bloss zu einer Sache von Genuss, Unterhaltung und Anhäufung von Kenntnissen oder von Besitztümern wird, so wie das jetzt der Fall ist.

Eine vom Denken organisiertes Dasein, das in dauernder Wiederholung mit gelegentlicher Unterbrechung vor sich hingelebt wird, indem man jeden Tag der gleichen Routine folgt, das ist – ich weiß nicht, ob Sie es gemerkt haben – unschön und jammervoll. Und wir erziehen die Jungen dazu, dass sie uns nachfolgen und unseren Fussstapfen folgen. Und die organisierte Moral, nämlich die Wohlanständigkeit und die Moral der Habsucht, der Gier, der Rivalität, Gewalt und Brutalität, die akzeptieren wir als moralisch. Wir sagen vielleicht, es sei sehr schlimm, dass wir so sind, aber wir akzeptieren es als unser Leben und unsere Moral. Unser so wohlorganisierte Geist muss zwangsläufig sehr seicht sein.

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