Das heißt, wenn ich sage: »Ich werde dies werden«, oder: »Ich werde das nicht sein«, dann braucht dieses Werden oder Nichtsein Zeit, nicht wahr? »Übermorgen werde ich mich weniger ärgern«, »Ich werde freundlicher und weniger aggressiv, hilfsbereiter, weniger egoistisch und selbstsüchtig sein«, – all das setzt Zeit voraus: »Ich bin dies und werde das sein«. Ich sage, dass ich mich psychisch entwickle, aber gibt es diese Evolution tatsächlich?
Werde ich in einem Jahr anders sein? Da ich heute gewalttätig bin, ist meine ganze Natur gewalttätig. Meine Kinderstube, meine ganze Erziehung, die sozialen Einflüsse und die kulturellen Zwänge haben in mir Gewalt erzeugt. Außerdem sind Gewalt, territoriale Besitzansprüche, sexuelle Rechte und so fort mein tierisches Erbe. Kann aus dieser Gewalt Gewaltlosigkeit werden? Können Sie mir das sagen? Kann Gewalt jemals zu Gewaltlosigkeit werden? Kann Gewalt je zu Liebe werden?
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Wenn wir die Möglichkeit eines psychischen Fortschritts, einer psychischen Evolution zulassen, müssen wir auch Zeit zulassen. Doch Zeit ist das Produkt des Denkens. Wenn Sie sagen: »Heute bin ich dies« (ein Produkt des Denkens), »aber nächste Woche werde ich etwas anderes sein«, oder in Zukunft oder morgen, dann ist das offensichtlich eine Vorstellung, die vom Denken herrührt. Und das Denken, wie wir schon festgestellt haben, ist immer alt. Das Denken kann man verändern und modifizieren, man kann etwas hinzufügen oder wegnehmen, aber es bleibt immer Gedachtes, und dieses kommt aus der Erinnerung, die der Vergangenheit angehört.
Das Denken, die Vergangenheit hat die Zeit hervorgebracht, Wenn es keine psychische Zeit gibt, und es gibt sie wirklich nicht, dann sind Sie bei dem, »was ist«, nicht, »was sein sollte« als Gedanke. Nochmals, »was sein sollte« ist eine Erfindung, eine Flucht vor der Tatsache dessen, »was ist«. Weil wir nicht wissen, wie wir das, »was ist«, in den Griff bekommen, erfinden wir die Zukunft. Wenn ich wüsste, wie ich jetzt, heute mit meiner Gewalt fertigwerde, würde ich nicht über die Zukunft nachdenken.
Wenn ich wüsste, was es heißt, heute vollständig zu sterben, hätte ich keine Angst vor dem Morgen, vor dem Tod und vor dem Alter, diesen Produkten des Denkens, dieser Vorstellung von morgen. Es gibt nur eines, das, was ist. Kann ich das verstehen; kann ich es restlos verstehen und darüber hinausgehen?