Leid und Leidenschaft – Die Grundbedeutung des Wortes »Leiden-schaft« ist Leiden. Für die meisten von uns ist Leid etwas Furchtbares, dem man aus dem Wege gehen, etwas, das man ganz beseitigen oder aufheben muss. Wenn man es nicht aufheben kann, dann vergöttern wir es entweder, wie es das Christentum tut, oder, wie es in Asien geschieht, wir begründen es.
Man gebraucht dafür das Wort »Karma« und meint damit, das Leid sei das Resultat vergangener Handlungen. Doch das Leid begleitet uns immer, wir nehmen es vielleicht nicht zur Kenntnis, es ist uns vielleicht nicht geläufig, nicht vertraut, aber es ist vorhanden. Dieses Leid entsteht vielleicht durch Frustration, durch das Bewusstsein vollkommener Isolation, durch den Verlust eines Menschen, den man zu lieben glaubte, oder es ist das Leid einer großen ungelösten Angst.
Für die meisten von uns bringt Leid nicht »Leidenschaft«, sondern Alter, Verfall, ein tiefes Bewusstsein völliger Verzweiflung und Hoffnungslosigkeit. Da stellt sich einem die Frage – Ihnen gewiss auch, wenn Sie mit Ernst an diese Dinge herangehen, ob es denn möglich sei, dem Leiden ein für allemal ein Ende zu setzen und einer tiefen, anhaltenden »Leidenschaft« bewusst zu werden. Leid bringt keine »Leidenschaft«. Im Gegenteil, Leid macht den Geist klein und trübt die Klarheit der Wahrnehmung. Leid ist wie eine verdunkelnde Wolke in unserem Leben – das ist eine Tatsache und keine theoretische oder psychologische Annahme.