
Passives Gewahrsein Teil I – In den nächsten ca. 6 Monaten werden wir jeweils in der Mitte des Monats kurze Auszüge aus einem der öffentlichen Vorträge von J. Krishnamurti präsentieren, in denen er über „Passive Awareness“ spricht. Nach Fertigstellung werden diese Auszüge für eure bequeme Nutzung miteinander verlinkt.
Jedes Zitat wird mit einer Angabe versehen, wann und wo es gesagt wurde. Und wo möglich, wird ein Link zum vollständigen Text eingefügt. Der vollständige Text wird auf Englisch sein. Übersetzungen sind heutzutage, in Zeiten von „miracles and wonders“, bekanntlich leicht zu bewerkstelligen.
1.
So befreit sich das Denken-Gefühl durch waches und passives Gewahrsein von der zeit-bindenden Qualität der Erinnerung an das Ich und das Mein. Nur wenn das Selbst aufhört, zu erschaffen, gibt es das Ungeschaffene.
-OJAI 9. ÖFFENTLICHER VORTRAG 9. JULI, 1944
2.
Das Geist-Herz ist durch Angst und Befriedigung der Autorität unempfindlich geworden, aber durch tiefes Gewahrsein des Gedanken-Gefühls kommt die Belebung des Lebens. Durch wahlloses Gewahrsein wird der gesamte Prozess deines Seins verstanden; durch passives Gewahrsein kommt Erleuchtung.
-OJAI 9. ÖFFENTLICHER VORTRAG 1945
3.
Die Wahrnehmung des Neuen ist so flüchtig; kaum ist es gefühlt, fegt der schnelle Strom der Vergangenheit darüber hinweg und das Neue hört auf zu sein. Den vielen Gestern zu sterben, jeden Tag zu erneuern, ist nur möglich, wenn wir fähig sind, passiv bewusst zu sein. In diesem passiven Gewahrsein gibt es kein Sammeln zu sich selbst; in ihm gibt es eine intensive Stille, in der sich das Neue immer weiter entfaltet, in der sich die Stille immer weiter ausdehnt, mit dem Mass.
-OJAI 10. ÖFFENTLICHER VORTRAG 1945
4.
Sich seiner selbst völlig bewusst zu sein, ohne eine Wahl zu treffen, bedeutet, den Geist erstaunlich wach zu halten, und in diesem Gewahrsein liegt die Selbsterkenntnis, der Beginn der Weisheit. Der Geist, der gegen die Angst kämpft, der die Angst analysiert, wird die Angst niemals auflösen; aber wenn es ein passives Gewahrsein der Angst gibt, entsteht ein anderer Zustand, in dem die Angst nicht existiert.
-OJAI 5. ÖFFENTLICHER VORTRAG 4. JULI, 1953
5.
Gewahrsein ist der Prozess, den bewussten Geist von den Fesseln zu befreien, die Konflikt und Schmerz verursachen, und ihn so offen und empfänglich für das Verborgene zu machen. Die verborgenen Schichten des Bewusstseins vermitteln ihre Bedeutung durch Träume und Symbole. Wenn jeder Gedanke, jedes Gefühl so vollständig und tief wie möglich gedacht und gefühlt wird, ohne Verurteilung oder Vergleich, Akzeptanz oder Identifikation, dann werden sich alle verborgenen Schichten des Bewusstseins offenbaren.
Durch ständiges Gewahrsein hört der Träumende auf zu träumen, denn durch waches und passives Gewahrsein wird jede Bewegung des Gedankens-Gefühls, der offenen und verborgenen Bewusstseinsschichten verstanden. Wenn man aber nicht in der Lage ist, jeden Gedanken ganz und gar zu durchdenken, zu durch Fühlen, dann beginnt man zu träumen.
-OJAI 7. ÖFFENTLICHER VORTRAG 1945
6.
Es ist eines der schwierigsten Dinge, frei zu sein – alles zu vergessen, was man gewusst hat, innerlich von gestern; jeder Erfahrung abzusterben, die man gemacht hat, angenehme, schmerzhafte. Aber nur dann ist der Geist frei, um zu leben, um vollkommen zu handeln. Dazu bedarf es eines Gewahrseins ohne Wahl, eines passiven Gewahrseins, in dem alle geheimen Sehnsüchte, Triebe, Zwänge, Wünsche und Begierden offenbart werden; wo der Geist nicht wählt, sondern nur beobachtet. In dem Moment, in dem Sie wählen, haben Sie auf subtile Weise eine Autorität etabliert, und deshalb ist der Geist nicht mehr frei.
-SAANEN 5. ÖFFENTLICHER VORTRAG 3. AUGUST 1961
7.
Unsere Anstrengung besteht darin, zu leugnen oder zu akzeptieren, und so wird das Denken und Fühlen in diesem endlosen Konflikt stumpf gemacht. Das ist sicherlich eine falsche Anstrengung, denn sie ist nicht produktiv für kreatives Verstehen. Richtiges Bemühen besteht darin, sich dieses Konflikts wahllos bewusst zu sein, schweigend zu beobachten, ohne sich zu identifizieren. Es ist dieses stille, wahllose Gewahrsein des Konflikts, das Freiheit bringt. In diesem passiven Gewahrsein, das ruhig ist, entsteht die Wirklichkeit.
–OJAI 5. ÖFFENTLICHER VORTRAG 1945
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