Leben in Wettbewerb: Die Straße war voll mit Affen; mitten auf dem Wege spielte ein ganz kleines Äffchen mit seinem Schwanz, aber die Mutter behielt es ständig im Auge. Sie hatten alle bemerkt, dass jemand in der Nähe war – allerdings in sicherer Entfernung. Die ausgewachsenen, männlichen Tiere – groß und schwer und ziemlich bösartig – wurden von den meisten anderen Affen gemieden. Alle aßen Beeren, die von einem großen, schattigen Baum mit dichten Blättern auf die Straße gefallen waren.
Der Regen hatte vor kurzem den Fluss angeschwellt, und das Wasser gurgelte unter der schmalen Brücke. Die Affen vermieden das Wasser und die Pfützen auf der Straße, und wenn ein Auto erschien und der Schmutz aufspritzte, waren sie in einer Sekunde vom Wege herunter, wobei die Mutter immer das Kleine mit sich nahm. Ein paar kletterten auf die Bäume, andere liefen die Böschung zu beiden Seiten des Weges herab; aber kaum war der Wagen vorbeigesaust, so waren sie auch schon alle wieder da. Inzwischen hatten sie sich an die Gegenwart der Menschen gewöhnt. Sie waren so ruhelos wie der menschliche Geist und stets voller Listen.
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Die Reisfelder zu beiden Seiten der Straße schimmerten köstlich grün in der warmen Sonne, und die Reisvögel mit ihrem trägen Flügelschlag zeichneten sich weiß gegen die blauen Hügel jenseits der Felder ab. Eine lange, bräunliche Schlange war aus dem Wasser hervorgekrochen und ruhte sich nun in der Sonne aus. Auf der Brücke hatte sich ein strahlend blauer Eisvogel niedergelassen und bereitete sich wieder zum Tauchen vor. Es war ein herrlicher Morgen, nicht zu heiß, und die vereinzelten Palmen auf den Reisfeldern erzählten von allen möglichen Dingen. Zwischen den grünen Feldern und den blauen Hügeln bestand eine Beziehung, wie Zwiegesang.
Die Zeit schien dahinzueilen. Gabelweihen kreisten am blauen Himmel; ab und zu setzten sie sich auf einen Ast, um ihr Gefieder zu putzen, dann flogen sie wieder auf, lockten einander und fingen aufs neue zu kreisen an. Es waren auch einige Adler da, mit weißen Hälsen und goldbraunen Flügeln und Körpern. Zwischen dem neugesprossenen Gras liefen große, rote Ameisen; sie rannten ruckartig vorwärts, hielten plötzlich inne und rannten dann in entgegengesetzter Richtung weiter. Das Leben war so reich, so übervoll – und so wenig beachtet, was all die großen und kleinen Lebewesen vielleicht gerade wollten.
Ein junger Ochse mit Glocken am Hals zog einen leichten, gut gebauten Karren; die beiden großen Räder waren durch eine dünne Stahlstange verbunden, auf der eine hölzerne Plattform befestigt war. Auf der Plattform saß ein Mann – stolz auf seinen schnell trabenden Ochsen und den ganzen Aufzug. Das starke, schlanke Tier verlieh ihm Bedeutung. Jeder würde sich jetzt nach ihm umsehen, und die vorübergehenden Dorfbewohner taten es auch. Sie standen still, betrachteten ihn mit bewundernden Augen, machten Bemerkungen und gingen dann erst weiter. Wie stolz und aufrecht saß der Mann da, den Blick geradeaus gerichtet! Ob sich Stolz nun in kleinen oder großen Dingen zeigt, er bleibt sich seinem Wesen nach gleich.
Was man tut und was man hat, verleiht einem Bedeutung und Ansehen; doch der Mensch an sich als vollständiges Wesen scheint kaum je wichtig zu sein.
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Er kam mit zwei Freunden zusammen. Sie hatten die Universität besucht, und es ging ihnen in ihren verschiedenen Berufen gut. Alle waren verheiratet, hatten Kinder und schienen mit dem Leben zufrieden, und doch waren sie auch irgendwie verstört.
»Ich möchte gern, wenn ich darf, eine Frage stellen«, sagte er, »um unser Gespräch in Gang zu bringen. Es ist keine müßige Frage, sie hat mich vielmehr sehr beschäftigt, seitdem ich Sie vor ein paar Tagen sprechen hörte. Sie sagten unter anderem, dass Wettbewerb und Ehrgeiz zerstörende Triebe seien und man sie verstehen lernen müsse, um sich von ihnen zu befreien, wolle man in einer friedlichen Gesellschaftsordnung leben. Sind aber Kampf und Konflikt nicht gerade wesentliche Bestandteile unseres Daseins?«
Die heutige Gesellschaftsordnung gründet sich auf Ehrgeiz und Konflikt. Fast alle Menschen nehmen das als unvermeidliche Tatsache hin, und jeder wird dadurch beeinflusst; denn Erziehung und die verschiedensten Formen äußeren und inneren Zwanges halten den Menschen zum Wettbewerb an. Will er überhaupt in die Gesellschaft hineinpassen, so muss er die Bedingungen, die sie vorschreibt, annehmen, sonst wird es ihm schlecht gehen. Wir scheinen zu glauben, dass wir uns der Gesellschaft einordnen müssten – warum aber?
»Wenn wir es nicht tun, gehen wir unter.«
Ich weiß nicht, ob das wirklich geschehen würde, wenn man die volle Bedeutung des Problems übersieht. Dann würde man vielleicht nicht nach dem üblichen Schema leben, wäre aber schöpferischer und glücklicher und hätte einen ganz anderen Ausblick. Es kann aber nicht eintreten, solange man die gegenwärtige Gesellschaftsform als unvermeidlich anerkennt.
Lassen Sie uns nun auf Ihren Punkt zurückkommen: gehören Ehrgeiz, Wettbewerb und Konflikt wirklich zu unserer vorbestimmten und unvermeidlichen Lebensweise? Das scheinen Sie offenbar anzunehmen. Wir wollen also damit beginnen. Wieso halten Sie die wetteifernde Lebensweise für die einzig richtige Daseinsform?
»Ich bin genauso ehrgeizig und wetteifernd wie alle anderen. Das ist eine Tatsache, die mich oft erfreut und manchmal schmerzt, aber ich nehme sie widerstandslos hin, weil ich keine andere Lebensart kenne, und selbst wenn ich von einer wüsste, würde ich mich wahrscheinlich fürchten, sie auszuprobieren. Ich habe eine Menge Verpflichtungen und wäre ernstlich um die Zukunft meiner Kinder besorgt, wenn ich die herkömmlichen Ideen und Lebensgewohnheiten durchbrechen würde.«
Sie mögen zwar Verantwortung für andere haben, aber haben Sie nicht auch die Pflicht, eine friedliche Welt herbeiführen zu helfen? Es kann keinen Frieden und kein bleibendes Glück für die Menschheit geben, solange wir als Einzelne, als Gruppe und als Volk den Wettbewerb in unserm Dasein für unvermeidlich erachten. Ehrgeiz und Wetteifer bedingen innere und äußere Konflikte, nicht wahr?
Ein ehrgeiziger Mensch ist niemals friedlich, selbst wenn er über Frieden und Brüderlichkeit spricht. Kein Politiker, keiner, der einem organisierten Glauben angehört, kann der Welt Frieden bringen; denn solche Menschen sind auf eine Welt mit Führern, Erlösern, Leitern und Beispielen eingestellt. Wenn man aber jemandem folgt, sucht man nach der Erfüllung seines eigenen Ehrgeizes, sei es in dieser Welt oder in der sogenannt geistigen, der Ideenwelt. Wettbewerb und Ehrgeiz schließen also Konflikt ein, nicht wahr?
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»Das verstehe ich; was soll man aber tun? Wie kann man sich aus dem Netz des Wettbewerbs, in das man verstrickt ist, befreien? Und selbst wenn man sich daraus befreit, welche Bürgschaft hat man dann, dass Frieden zwischen den Menschen herrschen wird? Sofern wir nicht alle gleichzeitig erkennen, wie wahr das ist, kann doch die Erkenntnis von ein oder zwei Menschen überhaupt keinen Wert haben.«
Sie wollen wissen, wie Sie sich aus der Verstrickung von Konflikt, Erfüllung und Enttäuschung befreien können. Aber gerade Ihre Frage nach dem ›Wie‹ deutet auf Ihren Wunsch nach einer Versicherung, dass die Anstrengung nicht vergeblich sein wird. Sie streben immer noch nach Erfolg, nur jetzt auf einer anderen Ebene, und sehen nicht, dass Ehrgeiz und Verlangen nach Erfolg in jeglicher Richtung inneren wie äußeren Konflikt hervorrufen müssen.
Das ›Wie‹ enthält bereits Ehrgeiz und Konflikt, und die Frage selber vereitelt Ihre Erkenntnis der Wahrheit in dem Problem. Das ›Wie‹ ist die Leiter zu neuen Erfolgen. Hier steht jetzt nicht Erfolg oder Misserfolg sondern das Beseitigen allen Konflikts zur Frage; folgt aber daraus, dass ohne Konflikte Stillstand unvermeidlich sei? Zweifellos kann Frieden nicht durch Sicherheitsmaßnahmen, Sanktionen und Bürgschaften zustande kommen, doch er wird herrschen, wenn Sie nicht da sind – Sie mit Ihrem Ehrgeiz und Ihren Enttäuschungen, als Urheber aller Konflikte.
Ihr anderer Punkt, dass alle Menschen die Wahrheit gleichzeitig erkennen müssten, ist offenbar ganz unmöglich. Doch dass Sie das Problem verstehen, ist möglich, und wenn das geschieht, wird die Wahrheit, die Sie erkannt haben, Freiheit mit sich bringen und auch auf andere einwirken. Es muss bei Ihnen beginnen, denn Sie sind die Welt, ebenso wie jeder andere.
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Ehrgeiz macht uns mittelmäßig im Denken und Fühlen, Ehrgeiz ist oberflächlich, denn er strebt unentwegt nach Ergebnissen. Wer ein Heiliger, ein erfolgreicher Politiker oder hoher Beamter werden will, ist nur auf seine persönlichen Errungenschaften bedacht. Ob man sich nun mit einer Idee, einem Volke, einem religiösen oder wirtschaftlichen System identifiziert – der Erfolgsdrang wird immer das Ich bestärken, dessen Gefüge doch so vergänglich, oberflächlich und begrenzt ist. All das ist recht einleuchtend, wenn man darauf eingeht, nicht wahr?
»Es mag Ihnen klar sein, aber für die meisten Menschen bedeuten Konflikte ein Gefühl erhobenen Daseins, ein Lebendig-Sein. Ohne Ehrgeiz und Wettbewerb wäre unser Leben fade und unnütz.«
Wenn Sie an Ihrer wetteifernden Lebensart festhalten, werden Ihre Kinder und Kindeskinder immer wieder Neid, Kampf und Streit erzeugen, und Sie werden nie Frieden bekommen. Sie selber sind in der traditionellen Lebensform erzogen worden, jetzt erziehen Sie auch Ihre Kinder dazu, dem zuzustimmen, und so geht die Welt auf ihrem kummervollen Wege weiter.