Dazu müsste man natürlich alle Theologien und alle Glaubensvorstellungen ablegen. Denn nur, wenn man jeder Form von Glauben vollständig entsagt, gibt es keine Angst mehr.
Die Grundbedeutung des Wortes „Disziplin“ ist „lernen“. Es bedeutet nicht, sich anzupassen oder ein Schüler von jemandem zu werden. Lernen bedeutet nicht, zu imitieren oder zu unterdrücken, sondern sich dem Unbekannten zu öffnen.
Der eigentliche Akt des Lernens erfordert Disziplin. Eine Disziplin, die sich nicht aufdrängt und sich auch nicht an eine Ideologie anpasst. Es ist nicht die harte Strenge des Mönchs.
Denn ohne eine echte, tiefgründige Strenge führt unser alltägliches Verhalten nur zu Unordnung.
Es ist deshalb äusserst wichtig, eine vollendete Ordnung in sich selbst zu haben, gleich einer mathematische Ordnung, nicht relativ, nicht vergleichend, nicht durch Umwelteinflüsse hervorgebracht.
Rechtes Verhalten setzt einen geordneten Geist voraus. Ein gequälter, frustrierter Geist, der von der Umwelt und der gesellschaftlichen Moral abhängig ist, ist natürlich verwirrt. Und ein verwirrter Geist kann nicht erkennen, was wahr ist.
Wenn man sieht, dass die gesellschaftliche Moral an sich unmoralisch ist, dann sieht man auch, dass es einer ganz anderen Moral bedarf, um in sich selbst und auch außerhalb von sich selbst eine stabile Ordnung herzustellen. Diese Moral besteht im Handeln – es ist keine ideelle oder begriffliche Moral, sondern tatsächliches moralisches Verhalten.
Wenn ein verständiger Mensch dieses seltsame Mysterium erfassen will, – wenn es denn so etwas gibt –, muss er die Grundlage für sein Verhalten, auf eine Moral legen, die nicht mit der Moral der Gesellschaft identisch ist.
Eine Moral, in der es keine Angst gibt und die deshalb frei ist.
Erst dann – wenn dieses tiefe Fundament gelegt worden ist – kann der Geist herausfinden, was Meditation ist, jene Qualität der Stille, der Beobachtung, in welcher es keinen „Beobachter“ gibt.