
Passives Gewahrsein Teil 3 – In den nächsten ca. 5 Monaten werden wir jeweils in der Mitte des Monats kurze Auszüge aus einem der öffentlichen Vorträge von J. Krishnamurti präsentieren, in denen er über „Passive Awareness“ spricht. Nach Fertigstellung werden diese Auszüge für eure bequeme Nutzung miteinander verlinkt.
Jedes Zitat wird mit einer Angabe versehen, wann und wo es gesagt wurde. Und wo möglich, wird ein Link zum vollständigen Text eingefügt. Der vollständige Text wird auf Englisch sein. Übersetzungen sind heutzutage, in Zeiten von „miracles and wonders“, bekanntlich leicht zu bewerkstelligen.
15.
Angenommen, Sie haben ein neues Problem – und Probleme sind immer neu. Wie gehen Sie es an? Es ist ein neues Problem, nicht ein altes. Sie mögen es als alt erkennen, aber so lange es ein Problem ist, ist es immer neu. Es ist wie eines dieser modernen Bilder, an die man sich überhaupt nicht gewöhnt. Was passiert, wenn Sie es verstehen wollen? Wenn Sie sich ihm mit Ihrer klassischen Ausbildung nähern, ist Ihre Reaktion auf diese Herausforderung, die dieses Bild darstellt, Ablehnung. Wenn Sie also das Bild verstehen wollen, müssen Sie Ihre klassische Ausbildung beiseite legen. Ebenso müssen Sie, wenn Sie verstehen wollen, wovon ich spreche, vergessen, dass Sie ein Buddhist, ein Christ oder was auch immer sind.
Sie müssen das Bild frei von Ihrer klassischen Ausbildung betrachten, mit passivem Gewahrsein und Wachsamkeit des Geistes. Dann beginnt das Bild, sich zu entfalten und seine Geschichte zu erzählen. Das ist nur möglich, wenn der Geist in einem Zustand der Wachsamkeit ist. Dabei sollte man nicht versuchen, das Bild zu verurteilen oder zu rechtfertigen. Es kommt nur, wenn das Denken nicht ist, wenn der Geist still ist. Sie können damit experimentieren und sehen, wie außerordentlich wahr ein stiller Geist ist. Nur dann ist es möglich zu verstehen. Aber die ständige Aktivität des Geistes verhindert das Verstehen des Problems.
-COLOMBO CEYLON 3. ÖFFENTLICHER VORTRAG 8. JANUAR, 1950
16.
Wenn ich verstehen will, muss ich völlig frei von Vorurteilen sein. Und ich kann nicht in diesem Zustand sein, wenn ich mich anstrenge, weder negativ noch positiv. Das ist extrem schwer. Es erfordert ein Gefühl des passiven Gewahrseins, in dem es keine Anstrengung gibt. Nur dann kann sich die Realität projizieren.
–BANGALORE 1. ÖFFENTLICHER VORTRAG 4. JULI, 1948
17.
Das, was das Ergebnis der Zeit ist, kann keine Transformation herbeiführen. Wenn es das tut, wird es entweder eine Veränderung geben, die eine modifizierte Kontinuität ist, oder das Problem wird komplexer werden. Wenn es dagegen ein passives Gewahrsein des Problems gibt, also eine Beobachtung ohne Verurteilung oder Rechtfertigung, dann werden Sie sehen, dass es eine unmittelbare Transformation gibt. Es ist eine unmittelbare Beendigung dieses Problems. Wenn wir schließlich von Transformation sprechen, was meinen wir dann? Die Beendigung eines Problems, sicherlich. Warum will ein Mensch transformiert werden? Weil er im Elend ist, im Konflikt, weil er tägliche Ängste hat. Es kann nur dann eine Transformation geben, also eine Auflösung des Problems, wenn der Geist, der Denker, der der Schöpfer dieses Problems ist, sich selbst versteht. Das heißt, wenn der Denkprozess über ein Problem zu einem Ende kommt.
–BOMBAY 12. ÖFFENTLICHER VORTRAG 28. MÄRZ, 1948
18.
Wir können das, was jenseits des Verstandes ist, nicht finden, wenn wir es nicht wissen. Wir sind unfähig, uns dem zu stellen, „was ist“. Und es erfordert enorme Aufmerksamkeit, großes passives Gewahrsein, um zu beobachten. Dabei dürfen wir nicht rechtfertigen, nicht urteilen, nur beobachten, nur zuhören. Darin liegt die Transformation und das Glück, das nicht durch die Zeit oder den Verstand gemessen wird.
-BOMBAY 6. ÖFFENTLICHER VORTRAG 25. FEBRUAR 1953
19.
Weisheit kann in jedem Kummer gefunden werden. Man muss keine großen Krisen haben. Weisheit ist für den da, der sucht, der nicht ausweicht, der nicht flieht. Derjenige, der nicht die Flucht ergreift, sondern der passiv, wachsam, sich dessen bewusst ist, was ist. In diesem wachen, passiven Gewahrsein wird die volle Bedeutung verstanden. Wenn die Bedeutung verstanden wird, entsteht Wahrheit. Es ist die Wahrheit, die einen vom Kummer befreit. Schließlich ist es die Wahrheit, die Glückseligkeit schenkt, die Freiheit schenkt. In diesem Zustand ist der Kummer vollständig aufgelöst.
-BOMBAY 11. ÖFFENTLICHER VORTRAG 21. MÄRZ, 1948
20.
Passives Gewahrsein entsteht, wenn es keine Anstrengung, keine Unterdrückung oder Sublimierung gibt. Um zu empfangen, muss es schließlich einen Geist geben, der nicht mit Meinungen belastet oder mit seinem eigenen Geschwätz beschäftigt ist. Aus einer Meinung oder einem Glauben heraus kann der Verstand eine Idee oder ein Bild von Gott projizieren. Doch es ist eine Projektion seiner selbst, seines eigenen Geschwätzes, seiner eigenen Erfindung. Deshalb ist es nicht real.
–RAJAHUMUNDRY 3. ÖFFENTLICHER VORTRAG 4. DEZEMBER, 1949
21.
Wir verurteilen, weil es so einfach ist, zu verurteilen. Während es sehr viel Geduld erfordert, sich dessen bewusst zu sein und allen Implikationen nachzugehen. Es erfordert eine Fähigkeit, einzudringen und still zu sein. Man versteht nur dann, wenn Stille herrscht. Es herrscht Verständnis, wenn es eine stille Beobachtung, ein passives Gewahrsein gibt. Dann gibt Ihnen das Problem seine Bedeutung preis. Das Gewahrsein, von dem ich spreche, ist also das Gewahrsein dessen, was ist und nicht von etwas, das eine Erfindung des Verstandes ist. Gewahrsein bedeutet, sich der Aktivitäten des Verstandes bewusst zu sein, zu denen auch die Ideen und Überzeugungen gehören. Auch gehören die Tricks dazu, die der Verstand sich selbst vorspielt. Seien Sie sich dessen bewusst, was ist, ohne Verurteilung, ohne Rechtfertigung oder Identifikation. Dann werden Sie sehen, dass es ein tieferes Verständnis gibt, das unsere Probleme löst.
–MADRAS 11. ÖFFENTLICHER VORTRAG 28. DEZEMBER, 1947
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